Intervall: IM RAUM MIT_ (Teil 1) / ANNETT ZINSMEISTER: URBAN SHELTER (Teil 2)
Fotocredit
Im Raum mit_. Kuratiert von section.a. Visual: Karl Anders.

Im Raum mit_Fattinger Orso

18.02.2016

Mit Fattinger Orso, Julia Wilms, Constantin Luser, Peter Kogler und Christian Falsnaes

 

Im Raum mit_ ist ein dynamisches Ausstellungsprojekt, das zum Zeitpunkt der Eröffnung ein Angebot für eine neue Raumerfahrung und -aneignung präsentiert, den Besucher_innen ein Instrumentarium für den Bau eigener Raumstrukturen übergibt und sie zu Mitautor_innen der Ausstellung macht. Erweitert um eine Reihe künstlerischer Interventionen verändert und verdichtet sich dieses Setting im Zuge der Ausstellungsdauer und kommt erst mit seinem Ende zum Stillstand.

Das Wiener Architekturbüro Fattinger Orso entwickelt eine Installation, die in Korrespondenz zur Baugeschichte des Hochbunkers das Thema der Volumenverschiebungen aufnimmt, die im Zuge des umfassenden Umbaus entstanden sind. Peter Fattinger und Veronika Orso legen eine, aus 850 Vollholzstücken zusammengesetzte, zweite, funktionale Ebene in die Ausstellungsräume, die einem doppelten Boden gleich zum Materialdepot wird. Jede_r Besucher_in ist eingeladen, einzelne Bausteine aus dem Boden herauszunehmen und daraus eigene Strukturen zu bauen. Dieser Zugang bildet den Ausgangspunkt für individuelle, temporäre Formfindungen im Raum. In diesem Sinn versteht sich die Installation als demokratisierter Prozess, der alle Besucher_innen zu gleichberechtigten Autor_innen der skulpturalen Anordnungen macht. Jede_r wird Teil der Ausstellung, indem jede_r eigene Strukturen formt und eine fotografische Dokumentation dieser unter dem Hashtag #ImRaummit ins Netz stellt. Daraus ergibt sich im Laufe der Ausstellungsdauer eine multiperspektivische Erzählung von „Im Raum mit_ Fattinger Orso“.

KünstlerInnen
Christian Falsnaes

Christian Falsnaes (*1980) Werke basieren auf der Interaktion zwischen Publikum und Künstler. Dabei interessiert ihn vor allem der Kontext der Werkentstehung mit ihren Ritualen, Dynamiken und Verhaltensweisen, die in hochcodifizierten, sozialen Feldern wie dem der Kunstwelt wirksam werden. Seine Arbeiten kreisen um die Themen Identität, Autorität und Unterwerfung. Als elementare Komponente involviert Falsnaes zumeist unvorbereitete Ausstellungsbesucher in partizipatorisch konzipierte Performances, die er auf Video dokumentiert und anschließend in einem Zusammenschnitt ausgewählter Sequenzen im Ausstellungsraum zeigt. Dabei motiviert er Leute Dinge zu tun, die sie sonst nicht tun würden, wie beispielsweise gemeinsam zu tanzen, zu musizieren, zu malen oder den Künstler auf Händen zu tragen, sich zu küssen, Wände anzusprühen oder mit Motorsägen zu bearbeiten. Kennzeichnend für seine Aktionen ist das Unvorhersehbare und Unkontrollierbare und die Selbsterkenntnis, wie einfach es ist, Menschen für etwas zu begeistern, sie zu manipulieren. Dafür arbeitet er weder mit professionellen Akteuren noch mit einem exakten Skript, sondern überlässt es dem Publikum, wie es seine Anweisungen ausführt oder sich ihnen widersetzt.

Peter Fattinger / Veronika Orso

Peter Fattinger (*1972) und Veronika Orso (*1976) sind als Planungs- und Produktionsbüro an der Schnittstelle von Architektur, Kunst und Design tätig. Ihre Arbeiten reichen von experimentellen Rauminstallationen über Mikroarchitekturen bis hin zu urbanen Interventionen. Ein Fokus liegt in der Umsetzung temporärer Architekturexperimente, die als benutzbare Skulpturen und soziale Schnittstellen im öffentlichen Raum fungieren. Die Flüchtigkeit der Projekte ermöglicht, den notwendigen gedanklichen und physischen Freiraum zu schaffen, um neue räumliche Ideen und Ansätze zuzulassen und auszuprobieren.

Peter Kogler

Ausgangspunkt der künstlerischen Arbeit Peter Kogler’s (*1959) in den späten 70er Jahren ist seine Auseinandersetzung mit Performancekunst, Konzeptualismus und Filmarchitektur. Das Verhandeln der Beziehung von Fläche, Raum und Architektur, Rasterstrukturen wie das Verwenden einfacher Motive wie das der Röhre zählen bis heute zum grundsätzlichen Vokabular seiner Konzepte. Sie stehen für die Dynamik von Informationsflüssen, für die Stellung des Einzelnen in Beziehung zur Gesellschaft in einem universalen, zeitlosen und ausschnitthaften wie modularen Zeichensystem. Für seine Bildproduktionen greift der Medienkünstler auf neueste Technologien zurück, die zeitabhängig jeweils spezifische Oberflächen zulassen. Sie finden formal ihre Entsprechung in seinen Bildentwürfen. Anfang der 80er Jahre ist der erste über Maus gesteuerte Computer mit Bildschirmen ohne Grauabstufungen entscheidend und der Siebdruck als färbige Reproduktionstechnik, ab dem Jahr 2000 die über mehrere Projektoren synchronisierte 360 Grad Projektion oder der Digitaldruck auf selbstklebenden Folien.

Constantin Luser

Constantin Luser’s (*1976) künstlerisches Schaffen ist ein ständiger Prozess der Wahrnehmung und Ordnung von Wirklichkeiten. Die Basis seines Vokabulars bilden Zeichnungen als geographische Umsetzungen seiner Gedanken. In Tagebüchern laufend festgehalten komponiert der Künstler daraus technisch komplexe Momentaufnahmen, die er aus verschiedenen Formen, Symbolen, abstrakten oder figurativen Liniengeflechten zu dreidimensional gewordenen Denksystemen zusammensetzt. Ausformuliert als Zeichnung, Skulptur, Installation, Klangobjekt, Performance oder Film ermöglichen sie dem Publikum unmittelbar in die Ideenräume des Künstlers einzutauchen und diese visuell, auditiv oder haptisch zu erleben.

Julia Willms

In ihrer künstlerischen Arbeit setzt sich die Künstlerin Julia Willms (*1974) mit den Themen Raum, Wahrnehmung und Blick in Relation zu dem Standpunkt der Betrachter auseinander. Diese übersetzt die Künstlerin in filmisch-akustische Rauminstallationen, die physischen Grenzen von Realität und Illusion zu durchbrechen scheinen. Seit 2003 verbindet sie eine enge Zusammenarbeit mit der Choreographin und Performerin Andrea Bozic. Gemeinsam mit dem Sound Künstler Robert Pravda gründen sie 2009 die interdisziplinäre Plattform TILT, die Projekte mit dem Ziel entwickelt, Wahrnehmung in Performances wie Installationen zu reorganisieren.

KuratorInnen
section.a

Das Kurator_innen-Kollektiv section.a aus Wien, das mit der Konzeption der ersten mehrteiligen Ausstellung „Im Raum mit_“ einen Grundstein für die inhaltliche Ausrichtung des Kunstraum BNKR für 2016 gelegt hat, wurde auch für die Kuratierung der aktuellen Ausstellung „Urban Shelter?“ von Annett Zinsmeister eingeladen. Katharina Boesch, Christine Haupt-Stummer, Andreas Krištof und Viktoria Pontoni -das Kernteam von section.a.- arbeiten seit 2001 an der Schnittstelle von Wirtschaft, Kunst und Design. Für Unternehmen ebenso wie für Kunst- und Wissenschafts-institutionen wie etwa die Biennale di Venezia, Kunsthalle arlberg1800, das Austrian Cultural Forum London, das Museum Ludwig Köln, das MAK – Wien und das Pinchuk Art Center KIEV konzipieren und realisieren sie Ausstellungen, Kunstprojekte im öffentlichen Raum, Museumskonzepte, Bildwelten und Publikationen.